Der Urahn der Kleinwagen
- Praktische Heckmotorlimousine motorisiert Frankreich
- Geringer Verbrauch und Platz für vier Personen
- Erster Stückzahlmillionär von Renault
Frankreich, Mitte der 1940er-Jahre: Das Land steht vor dem wirtschaftlichen Neuanfang. Es fehlt an allem: Arbeitskräften, Rohstoffen, Geld. Auch Renault bleibt von den Kriegsfolgen nicht verschont. Das Stammwerk Billancourt liegt in Trümmern, und der französische Staat als neuer Eigentümer will das Unternehmen nur als reinen Nutzfahrzeugproduzenten weiterleben lassen. Doch der von der Regierung eingesetzte Firmenpräsident Pierre Lefaucheux verfolgt andere Pläne: Ein Kleinwagen, zu niedrigen Kosten in Massenproduktion gefertigt, soll das Land motorisieren und Renault erneut als Hersteller von Personenwagen etablieren.
„Katschewo“ und „Cremeschnittchen“
Das geeignete Fahrzeug hat Renault bereits in der Hinterhand: den Prototypen eines während des Zweiten Weltkriegs in aller Heimlichkeit konstruierten Heckmotormodells. Renault Chef Lefaucheux lässt das 4 CV (vier Steuer-PS) getaufte Automobil weiterentwickeln und stellt es im Oktober 1946 auf dem Pariser Automobilsalon aus. Die Öffentlichkeit adoptiert den Neuling in umgangssprachlicher Verfremdung sofort als „Katschewo“ (quatre Chevaux = vier Pferdestärken). Die cremegelbe Farbgebung der Vorserienwagen mit Lack aus den erbeuteten Beständen des ehemaligen deutschen Afrikakorps bringt ihm noch einen weiteren Namen ein: „Cremeschnittchen“.
Die Mini-Limousine ist mit 3,61 Metern Länge fast auf den Zentimeter so groß wie der neue Renault Twingo und bringt alle Attribute eines vollwertigen Automobils mit. Sie bietet vier Erwachsenen erstaunlich viel Platz, hat einen reisetauglichen Kofferraum und ermöglicht mit den serienmäßigen vier Türen bequemen Ein- und Ausstieg. Damit ist der 4 CV seiner Zeit weit voraus. In Zeiten rationierten Kraftstoffs besonders wichtig: Der 17 PS starke und 760 Kubikzentimeter große Heckmotor benötigt nur sechs Liter Sprit pro 100 Kilometer. Die Kraftübertragung an die Hinterräder übernimmt ein robustes Dreigang-Schaltgetriebe. Das Heckmotorprinzip garantiert beste Traktion auch auf den damals häufig noch unbefestigten und schlechten Straßen. Das rundliche und mit viel Chrom verzierte Karosseriedesign verkörpert eine heitere und optimistische Grundeinstellung und passt damit zur Aufbruchstimmung der Zeit.
Blitzstart nach Maß
Das Konzept überzeugt: Im August 1947 startet die Serienfertigung, im Oktober kommen die ersten Fahrzeuge auf den Markt, und schon bald müssen sich die Kunden trotz steil ansteigender Produktionskurven auf lange Lieferfristen einstellen. Am 8. April 1954 feiert Renault im Pariser Palais de Chaillot den 500.000sten „Katschewo“.
Zur Beliebtheit trägt die Auffächerung der Modellpalette wesentlich bei: Ab 1949 ist der 4 CV in der Frischluftversion „Décapotable“ mit großem Faltdach erhältlich. Ein Jahr später debütiert die Ausführung „Grand Luxe“ mit Velours-Ausstattung und der leistungsgesteigerten 21-PS-Maschine. Renault berücksichtigt aber auch die Wünsche der gewerblichen Kunden, für die der 4 CV „Commerciale“ ohne Rücksitze und mit verblechtem Fond angeboten wird. Um das „Cremeschnittchen“ für einen noch breiteren Kundenkreis erschwinglich zu machen, legt der Hersteller zudem die spartanische Basisversion „Affaires“ auf und führt 1954 ein revolutionäres Finanzierungssystem ein, den „4 CV Sparkredit“.
Erfolge in Übersee und auf der Rennstrecke
Auch im europäischen Ausland, Japan und den Vereinigten Staaten entfesselt der kleine Renault eine Welle der Zuneigung. Rund 20 Prozent der Produktion gehen in den Export. Um der Nachfrage gerecht zu werden, richtet Renault im spanischen Valladolid einen weiteren, brandneuen Fertigungsstandort für den 4 CV ein. Der japanische Nutzfahrzeughersteller Hino Diesel fertigt den Kleinwagen ab 1953 unter eigenem Namen in Lizenz – als Rechtslenker. Der 4 CV macht im Land der aufgehenden Sonne vor allem als Taxi Karriere. Die starke Nachfrage in den USA kann Renault zunächst nicht erfüllen. Als der französische Automobilhersteller mit der Dauphine über den Atlantik drängt, kann allerdings auch das „Cremeschnittchen“ davon profitieren. Immerhin 15.000 Fahrzeuge gelangen 1959 nach Amerika.
Im seriennahen Rennsport macht der auf 32 PS frisierte „Katschewo“ ebenfalls eine gute Figur. In der Hand kundiger Piloten wird er unter anderem Klassensieger bei der Mille Miglia, der Rallye Monte Carlo und den 24 Stunden von Le Mans.
1961: Abschied vom 4 CV
1957 gönnt Renault dem 4 CV nochmals eine Überarbeitung. Der auf 747 Kubikzentimeter Hubraum verkleinerte Heckmotor leistet jetzt bereits in der Basisversion 21 PS und ermöglicht es dem Kleinwagen, die 100-km/h-Marke zu knacken. Ende 1958 erreicht der 4 CV als erstes Modell der Marke die magische Grenze von einer Million Einheiten und wird damit zum Rekordbestseller. Trotz des anhaltenden Erfolgs fährt das Unternehmen bald langsam die Produktion herunter: Mit dem Renault 4 steht bereits der designierte Nachfolger in den Startlöchern. 1961 kommt dann nach 14 Jahren das endgültige Aus für das Auto, das Frankreich motorisierte: „Katschewo“ Nummer 1.105.543 ist gleichzeitig der letzte.
Lecker Cremeschnittchen
Frankreich 1947: Edith Piaf singt „La vie en rose“, doch die französische Realität sieht eher trist aus. Das Land leidet unter den Folgen des Zweiten Weltkriegs. Viele Fabriken sind zerstört, Rohstoffe sind knapp, Benzin ist rationiert. Bei Renault hingegen mischt sich rosarot ins Alltagsgrau. Die „Régie Nationale“ gibt die passende automobile Antwort auf die schwierige wirtschaftliche Lage: das Modell 4 CV. Es benötigt nur sechs Liter Sprit pro 100 Kilometer, ist klein und leicht, bietet aber dennoch kommode Platzverhältnisse für vier Erwachsene. Dazu kommt ein attraktiver Preis.
Serienmäßige vier Türen steigern den Komfort und demonstrieren, dass der 4 CV seiner Zeit weit voraus ist. Die Kombination von Heckmotor und Heckantrieb bietet optimale Traktion auch auf den damals weit verbreiteten schlechten Straßen. Außerdem nimmt die verblockte Antriebseinheit wenig Platz weg.
Der Renault 4 CV bringt bei seinem Serienanlauf am 12. August 1947 also alle Voraussetzungen für einen Markterfolg mit. Und die Erwartungen der Firmenlenker in Billancourt werden nicht enttäuscht: Als die Produktion am 6. Juli 1961 ausläuft, haben 1.105.543 Exemplare das Montageband verlassen. Der 4 CV hat damit einen entscheidenden Beitrag zur Massenmotorisierung Frankreichs geleistet.
Entwicklungsbeginn trotz Verbot
Dabei beginnt die Karriere des 4 CV alles andere als verheißungsvoll. Als 1942 der erste Prototyp entsteht, tobt der Zweite Weltkrieg. Das Renault Werk Billancourt steht unter deutscher Zwangsverwaltung, und die Besatzer untersagen jegliche Neuentwicklung. Louis Renault, der bereits an die Nachkriegszeit denkt, lässt den Wagen trotzdem heimlich weiterbauen. Der Patron plant einen Wagen, der mit niedrigen Kosten und in großer Serie hergestellt werden kann. Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit sollen Vorrang haben.
Der erste 4 CV hat nur zwei Türen. Seine rundliche Fronthaube ähnelt stark derjenigen des deutschen Volkswagens. Wie bei diesem sitzt auch beim Renault der Motor hinten. Allerdings ist er wassergekühlt, und es handelt sich um einen Reihenvierzylinder mit knapp 750 Kubikzentimetern Hubraum. Mit einer Kriegsmischung aus Benzin und Alkohol entwickelt das Triebwerk 19,2 PS bei 4.500 1/min. Das niedrige Fahrzeuggewicht von gerade einmal 442 Kilogramm ermöglicht damit glänzende Verbrauchswerte.
Bereits der zweite Prototyp vom Februar 1944 verfügt über die typischen, lang gezogenen Kotflügel mit integrierten Scheinwerfern. Auch der Vorbau ist flacher und erinnert damit bereits an die spätere Serienversion. Allerdings ist auch dieser Versuchsträger noch als Zweitürer konzipiert.
Karrierestart mit Hindernissen
Als am 27. September 1944 der französische Staat die Leitung von Renault übernimmt, steht das Projekt 4 CV auf der Kippe. Das Ministerium für Industrieproduktion will das Unternehmen zum reinen Lkw-Produzenten umwandeln. Dem neuen Renault Vorstandsvorsitzenden Pierre Lefaucheux gelingt es unter Aufbietung seines beträchtlichen Durchsetzungsvermögens, diesen Plan abzuwenden.
Auch intern muss Lefaucheux kämpfen. Grund ist der 4 CV. Seine Kollegen von der Unternehmensleitung würden lieber die parallel zu dem Kleinwagen entwickelte Limousine 11 CV bauen. Ihr Argument: Es ist leichter, mit einem großen Fahrzeug Geld zu verdienen, als mit einem kleinen. Lefaucheux denkt jedoch weiter: Ein Großserien-Fahrzeug für breite Käuferschichten würde mehr Impulse zur Genesung von Renault leisten als eine exklusive Kleinserie für begüterte Kunden. Um den Kritikern ein Stück weit entgegenzukommen, spricht er sich für den 4 CV als Viertürer aus, was sich als sehr mutige und visionäre Entscheidung herausstellen soll. Umgehend organisiert der energische Lefaucheux Devisen und lässt 29 neue Fertigungsstraßen mit einer Gesamtlänge von zwei Kilometern installieren.
Premiere in Cremegelb
Am 3. Oktober 1946 ist es so weit: Der 4 CV feiert auf dem ersten Pariser Automobilsalon nach dem Krieg seine Publikumspremiere. Die Öffentlichkeit reagiert zunächst etwas irritiert auf das Modell, das so anders ist als alles, wofür Renault vor 1940 stand: Luxus und Eleganz. Wegen seines blassgelben Lacks taufen ihn die Franzosen spontan „La Motte de Beurre“ (kleiner Butterklumpen). Dies übersetzt der deutsche Volksmund innerhalb kürzester Zeit in „Cremeschnittchen“.
Beide Namen beziehen sich auf die eigenwillige cremegelbe Lackierung des Ausstellungswagens. Hinter der Farbwahl steckt Kalkül: Die Vorserienwagen sollen als bunte Farbkleckse im schwarzen Autoeinerlei auf den Straßen von Paris ins Auge stechen. Dabei hilft der Zufall: Das Unternehmen besitzt noch Lackvorräte des deutschen Afrikakorps, für das Renault in der Besatzungszeit Lastwagen bauen musste. Der Inhalt der Fässer wird zusammengemixt und daraus eine neue Farbnote kreiert.
Straßenkreuzer im Miniaturformat
Oktober 1947: Erneut findet in Paris der Automobilsalon statt. Diesmal dürfen die Besucher den knuffigen Neuling nicht nur bestaunen, sondern auch ausprobieren. Pünktlich zum Beginn des Salons liefert Renault die ersten Serienmodelle an 300 Händler aus. Nach den ersten Testfahrten und Sitzproben herrscht Einigkeit: Der kleine Renault hat alle Attribute eines vollwertigen Autos. Zu diesem Eindruck tragen auch die vergleichsweise lange Schnauze und die prägnanten Kotflügel bei. Der großzügig dimensionierte Vorbau hat praktische Vorzüge: Er beherbergt den reisetauglichen Kofferraum und das senkrecht stehende Reserverad.
Viel Platz auf kleinem Raum
Mit nur 3,61 Metern ist der 4 CV fast auf den Zentimeter genauso lang wie der neue Renault Twingo. Fahrer und Beifahrer entern den Kleinwagen über hinten angeschlagene Türen. Der durchgehend flache Fahrzeugboden ohne störende Kardanwelle ermöglicht die optimale Raumausnutzung. Resultat: Auch die Fondpassagiere sitzen bequem.
Frische Luft gelangt durch Schiebefenster ins Wageninnere. Diese Lösung ermöglicht mehr Ellenbogenfreiheit und spart Kosten. Die knopfartigen Pedale ragen wie kleine Pilze aus dem Boden, und zum Verstauen von Kleinigkeiten steht in der Basisvariante ein winziges offenes Handschuhfach zur Verfügung. Spätere Varianten verfügen auch über Taschen in den Türverkleidungen. Geschwindigkeit und Benzinstand lassen sich von einem Zentralinstrument ablesen.
In der Serienversion leistet der auf 760 Kubikzentimeter Hubraum vergrößerte Heckmotor 17 PS. Die Luftzufuhr für den wassergekühlten Vierzylinder gelangt durch schmale Einlässe an den hinteren Kotflügeln in den Motorraum. Die Kraftübertragung an die Hinterachse erfolgt über ein robustes Dreigang-Getriebe. Mit seinen 90 km/h Spitze ist der Urahn aller Renault Kleinwagen zwar nicht der Schnellste, dafür kann sich der Verbrauch von sechs Litern pro 100 Kilometer sehen lassen.
Werbung im Zeichen der Vier
Der Name 4 CV bezeichnet die so genannten Steuer-PS. Diese Einheit, die in Frankreich bis November 2000 galt, wird nach einer Formel berechnet, in der neben der Leistung auch die Zylinderzahl und die Hubhöhe des Kolbens einfließen. Im Falle des neuen Renault macht dies „quatre Chevaux“ (vier Pferdestärken), umgangssprachlich „Katschewo“.
Auch die Werbung für den Kleinwagen steht ganz im Zeichen der Vier: Das Plakat des bekannten französischen Illustrators Raymond Savignac mit der Formel „Vier Räder, vier Türen, vier Plätze, 424.000 Francs“ erscheint an allen Ecken Frankreichs. Auf anderen Zeichnungen fährt der 4 CV dem Gespann Ben Hurs davon, das mit nur zwei Rädern, null Türen und einem Platz ganz klar ins Hintertreffen gerät – geschickte Hommage an den damals neu im Kino erschienenen Monumentalfilm aus Hollywood.
Vom Start weg ein Erfolg
Das Konzept überzeugt. Die Lieferfristen klettern unaufhörlich, erst auf ein Jahr, dann auf 18 Monate, schließlich auf zwei Jahre. Im April 1949 erreicht die 4 CV-Produktion 300 Fahrzeuge am Tag, im Juni 1950 sind es bereits 500. Der Erfolg übertrifft alle Erwartungen. Bald schon muss der erst 1951 eingeweihte Standort Flins das Stammwerk Billancourt bei der Fertigung unterstützen. Am 8. April 1954 feiert Renault im überfüllten Palais de Chaillot am Eiffelturm den 500.000sten „Katschewo“.
Mittlerweile wurde die 4 CV-Palette um mehrere Varianten erweitert: Die Ausführung „Luxe“ von 1949 weist unter anderem verchromte Motorhaubenscharniere und Ausstellfenster vorn auf. Der im selben Jahr erscheinende 4 CV „Décapotable“ verfügt über ein großes Faltdach. Die Version „Grand Luxe“ von 1950 wird von der 21-PS-Maschine angetrieben und bietet eine Velours-Ausstattung.
1952 erscheint die Nutzfahrzeugvariante „Commerciale“ ohne Rücksitze und mit verblechtem Fond, ein Jahr später legt Renault als neues preiswertes Einstiegsmodell den 4 CV „Affaires“ auf. Der Basis-„Katschewo“ zeichnet sich durch das Fehlen nahezu aller Komfortdetails aus. Fahrer und Beifahrer nehmen auf dünn bespannten Sitzen im Stil von Gartenmöbeln Platz. Ebenfalls 1953 rückt der Hersteller bei allen 4 CV-Varianten die Fondbank nach hinten und schafft so noch mehr Platz im Innenraum. Außerdem wird die Batterie vom Kofferabteil in den Motorraum verlagert, so dass mehr Platz fürs Gepäck zur Verfügung steht.
Der 4 CV geht in die Luft
Um den Absatz des Kleinwagens weiter zu beschleunigen und einer breiteren Käuferschicht den Erwerb eines Autos zu ermöglichen, führt Renault 1954 eine revolutionäre Finanzierungsformel für den Autokauf ein, den „4 CV Sparkredit“. Das System erlaubt dem Kunden, seinen Wagen in 25 Monatsraten abzuzahlen, aber bereits vom neunten Monat an offiziell in Besitz zu nehmen. Vor allem für Arbeiter und Familienväter, die sich mit wachsendem Wohlstand zu immer wichtigeren Zielgruppen der Automobilindustrie entwickeln, wird der „Katschewo“ damit erschwinglich. Der 4 CV mit Eltern, vielköpfiger Kinderschar und komplettem Reisegepäck an Bord auf dem Weg in den Sommerurlaub am Meer oder in der französischen Provinz wird in jenen Jahren zum vertrauten Anblick.
Um für den Sparkredit zu werben, lässt Renault den „Katschewo“ an einem Hubschrauber hängend über Paris schweben. So erhält der kleine Franzose auch noch seine Lufttaufe.
Gute Basis für den Motorsport
Auch die seriennahe Motorsport-Szene wird schnell auf die Vorzüge des kleinen Renault aufmerksam. Die Kombination aus niedrigem Gewicht, kompakten Abmessungen und guter Traktion prädestinieren ihn für den Renneinsatz. Bei der Rallye Monte Carlo 1949, den 24 Stunden von Le Mans 1951 und der Mille Miglia 1952 gelingt dem 4 CV jeweils ein Klassensieg. Zu den Piloten zählt unter anderem Jean Rédélé. Der Renault Händler aus Dieppe an der Kanalküste macht das Renault Modell schon bald zur technischen Basis für seine eigenen Sportwagen, die unter dem Markennamen „Alpine“ rund um die Welt für Furore sorgen werden.
Als Grundlage dienen Rédélé Motor und Chassis des Renault 4 CV 1063. Das Sportmodell mobilisiert 32 PS. Der per Doppelvergaser frisierte Motor macht den „Katschewo“ 130 km/h schnell. Die Kraftübertragung auf die Hinterräder erfolgt wahlweise über ein Vier- oder Fünfgang-Schaltgetriebe. 1955 kommt der Flitzer auch offiziell in den Handel.
Markenzeichen offene Klappe
Die halb geöffnete Motorhaube der Renn-„Katschewo“ kommt auch bei den Normalfahrern in Mode. So sehr, dass Renault schließlich in Presseanzeigen öffentlich erklären muss, dass die Kühlung der Serienmodelle auch bei geschlossenem Heckdeckel uneingeschränkt funktioniert: „Warum den Deckel lüften? Finden Sie das schön?“ Fahrer des deutschen Volkswagens machen sich die wirkungsvollen Kühlluftschlitze zu nutze und schweißen sie als komplette Blechtafeln in die Motorhaube des Käfers.
Ebenso wie die sportlichen Erfolge steigern die regelmäßigen Auftritte bei der „Tour de France“ die Popularität des „Katschewo“. Der Heckmotorflitzer gehört hier seit 1948 als offizieller Begleitwagen quasi zum Inventar.
Verkaufserfolg rund um die Welt
Nicht allein die Franzosen erliegen dem Charme des „Cremeschnittchens“: Rund 20 Prozent der Gesamtfertigung gehen in den Export. Bald rollt der Kleinwagen auch im britischen Acton und im belgischen Haren vom Band. 1953 startet der Lizenzbau für den spanischen Markt in Valladolid. Hier wird der 4 CV unter dem Namen Renault 4/4 vermarktet. Im gleichen Jahr beginnt auch der japanische Nutzfahrzeughersteller Hino Diesel mit der Lizenzfertigung des kompakten Renault. Vor allem als Taxi macht der in zehn Jahren über 50.000-mal gebaute 4 CV Hino in der Folgezeit Karriere. Wermutstropfen für Renault: Bereits nach wenigen Jahren verweigert Hino die Zahlung der Lizenzgebühren und produziert den leicht modifizierten Wagen fortan selbstständig.
Sogar in den USA findet das „Cremeschnittchen“ Freunde: Die Kunden sind zumeist ehemalige Soldaten, die den Kleinwagen während ihres Dienstes in Europa kennen und schätzen lernten. Bis zu 3.200 Bestellungen pro Monat gelangen Anfang der 1950er-Jahre aus den Vereinigten Staaten nach Billancourt. Renault ist zunächst außer Stande, die Nachfrage zu erfüllen. Als das Unternehmen jedoch 1956 die neue Dauphine auf den amerikanischen Markt schickt, profitiert auch der 4 CV: 3.500 Einheiten des Kleinwagens gelangen in jenem Jahr über den Atlantik. Bis 1959 steigt die Zahl auf 15.000 Fahrzeuge im Jahr.
Karriereausklang mit Extra-PS
1957 erscheint ein überarbeiteter „Katschewo“ bei den Händlern. Der auf 747 Kubikzentimeter Hubraum reduzierte Heckmotor leistet jetzt auch in der Basisversion 21 PS und ermöglicht es dem Kleinwagen, die 100-km/h-Marke zu knacken. Die Steigerung der Effizienz gilt schon damals als wichtigstes Ingenieursprinzip nach der Formel „Mehr Leistung, weniger Verbrauch“. Pro 100 Kilometer benötigt der 4 CV nur noch 5,7 Liter Kraftstoff.
Noch einmal bietet das „Cremeschnittchen“ 1958 Anlass zum Feiern: Am Jahresende rollt das einmillionste Exemplar vom Montageband. Damit ist der 4 CV das erste Modell der Marke, das diese magische Zahl erreicht. Fast zeitgleich baut Renault die 500.000ste Dauphine, die neue Nummer eins des Konzerns. Um die Produktionsjubiläen gebührend zu feiern, errichtet die Régie Nationale in Paris einen 56 Meter hohen Christbaum aus Stahl, geschmückt mit 1.611 Einzelteilen beider Modelle.
Abschied nach über einer Million Exemplare
Das Ende der 4 CV-Ära ist fließend: Renault fährt die Produktion seines langjährigen Bestsellers in aller Ruhe herunter. Pünktlich zu Beginn der Werksferien kommt am 6. Juli 1961 nach insgesamt 1.105.543 Fahrzeugen das Aus für das geliebte „Cremeschnittchen“. Nur einen Monat später startet die Fertigung des Nachfolgers. Er wird ebenfalls zur automobilen Legende und erweist sich damit als würdiger Erbe. Sein Name: Renault 4.